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Ein Name, der für großen Holsteiner Springsport steht
Dieser Mann hat es geschafft. Wer sich mit der Holsteiner Zucht beschäftigt und sich im Springsport etwas auskennt, wird seinen Namen schon einmal gehört haben. Der Name Ahlmann steht für Springsport auf ganz hohem Niveau. Pferdezucht, Pferdeausbildung und Pferdevermarktung gehören zum breiten Angebot der Hengststation und dem Ausbildungsstall von Dirk Ahlmann. Familie Ahlmann ist mit ihren Pferden nicht mehr aus der Holsteiner Szene wegzudenken. Den Grundstein für die heutigen Erfolge und die Reputation der Familie legte Dirk Ahlmann, als er sich mit Mitte 20 dazu entschloss, sein Leben den Pferden zu verschreiben.
Ich besuche Dirk, Hannes und Pheline Ahlmann in Reher auf der Anlage der Hengststation und bekomme die Gelegenheit, ein paar ganz persönliche Einblicke in ihr Leben mit den Pferden zu erhalten. Am Gartenteich sitzend, mit Blick auf die Hengste, die die Nachmittagssonne auf ihren Weiden genießen, erzählen mir die drei von ihrer gemeinsamen Passion Pferd.
Der Weg zum eigenen Betrieb – das Teilen einer Leidenschaft
Die reiterliche Karriere von Dirk Ahlmann nahm erst mit 25 Jahren so richtig Fahrt auf. Damals war der gelernte Versicherungskaufmann bei Ludger Beerbaum als reitender Pfleger angestellt, wo er sich reiterlich weiterentwickelte und an den ersten S-Springen teilnahm. 2000 kehrte er zurück in die Heimat nach Schleswig-Holstein und verbrachte dann 2 Jahre im Stall Hell. Dort sammelte Dirk Erfahrungen in der Deckstation und mit der Pferdeausbildung für den internationalen Sport.
2002 machte er dann den Schritt in Richtung Selbständigkeit, die schon immer sein Wunsch war. Er kaufte den Betrieb in Reher, der heute der Ausbildungsstall Ahlmann ist. „Das war hier ein total kaputter Hof, der zuvor auch nie in Betrieb war, weil derjenige, der ihn gebaut hatte, beim Bauen schon pleite ging. Das Wohnhaus war ein alter Kuhstall. Wir fingen hier im Wohnwagen an und haben das alles dann Stück für Stück entwickelt”, berichtet Dirk, dessen Betrieb heute über 50 Pferde beherbergt und optimale Bedingungen für die Aufzucht und das Training von Sportpferden bietet. Seit 2008 ist der Betrieb um eine anerkannte EU-Besamungsstation erweitert worden mit einem Hengststall, in dem Platz für acht Deckhengste ist.
Das Konzept der Hengststation und des Ausbildungsstalls Ahlmann umfasst „mittlerweile eigentlich die ganze Bandbreite”, erklärt Dirk. „Wir züchten Pferde und bilden unsere Pferde aus, wir haben Pferde in Ausbildung von anderen Leuten und wir bilden Reiter aus und das alles versuchen wir doch auf relativ hohem, internationalem Niveau zu machen.”
Was seiner Meinung nach besonders an dem Betrieb ist, sind die Menschen, die ihn mit aufgebaut, weiterentwickelt und unterstützt haben. Menschen, die Dirk selbst schon über 15, 20 Jahre oder länger begleiten und die alle dieselbe Verbindung ‚Leidenschaft Pferd’ teilen und dieselbe Philosophie haben. „Die Verantwortung haben zu dürfen, besondere Pferde ausbilden zu können, diesen Pferden Zeit zu geben und eben auch, wenn es mal nicht dahin geht, wo man es vielleicht wollte, auch wenn man viel investiert hat, das zu akzeptieren und das Pferd dann dort zu lassen, wo er am besten aufgehoben ist. Ich glaube, das zeichnet diesen Betrieb aus. Das Glück zu haben, diese Menschen getroffen zu haben und das Glück zu haben, die auch mit unserer Philosophie verbinden zu können und dann auch sehr erfolgreich, Pferde auszubilden.”
Reiter, Züchter und Trainer mit viel Pferdeverstand und dem richtigen Gespür
Als erfolgreicher Reiter bringt Dirk viele wertvolle Erfahrungen mit, die ihn zu dem Züchter und Ausbilder machen, der er heute ist. Zu seinen Erfolgen zählen Teilnahmen an und hohe Platzierungen in Nationenpreisen, Siege in großen Preisen und Platzierungen im Hamburger Springderby. „Aber mein größter Stolz ist eigentlich, dass ich so unglaublich viele Pferde in diesen internationalen Sport ausgebildet habe. Auch selbst Nationenpreise geritten habe, die dann verkauft wurden und dann wie ein Goldfever, eine Gitania oder Canturo diesen absoluten Spitzensport beeinflusst haben und lange weitergelaufen sind. Und eigentlich ist das für mich persönlich mein größter Erfolg. Diese nachhaltige Ausbildung der Pferde und sie auch dahin gebracht zu haben, dass sie dann mit anderen Reitern wie Marcus Ehning, Ludger Beerbaum und Co. weltklasse unterwegs waren”, erzählt Dirk stolz.
All seine Erfahrung resultiert in der besonders erfolgreichen Pferdezucht und -Ausbildung der Familie Ahlmann. Für die Zucht hat Dirk eine ganz konkrete Vision: „Der Holsteiner war immer führend im Springsport. Die Genetik des Holsteiner Pferdes ist sensationell. Ich glaube trotzdem, dass wir ein bisschen den Kontakt in unsere Vision für den internationalen, absoluten Topsport verloren haben. Ich habe das Glück, selbst mal relativ erfolgreich für Deutschland im Sport geritten zu sein. Somit habe ich da eine große Erfahrung und auch viel Erfahrung dahingehend, dass ich heute viele Pferde reite, deren Väter oder Mütter ich schon in vier Generationen geritten bin. Und meine Vision heute ist, die Entwicklung des Topsports aufzunehmen, mit meinen Erfahrungen zusammenzubringen und Hengste zu finden, die dem heutigen Anspruch 1,50m und aufwärts zu springen, gerecht werden, zu selektieren, zu entwickeln und in diesen Sport zu bringen und damit auch wieder einen besonderen Genpool für Schleswig-Holstein zu finden. Das ist so meine Vision und mein Wunsch.”
Im Umgang und in der Ausbildung der Pferde liegen Dirks Stärken in seiner großen Geduld und in seinem Gefühl für jedes einzelne Pferde. Er habe gelernt zu warten, bis ein Pferd „soweit ist” und zu verstehen, wie der Spitzensport mit Tier (und Mensch) funktioniert. „Wann kann ich fordern, wann muss ich fordern und wann braucht das Pferd eine Pause? Ich sage immer: ‚Wann ist die Disc voll?’ Menschen und auch Pferde darf man nicht überfordern und erwarten, dass sie stetig weiter lernen. Jeder hat unterschiedliche Talente. Einer glänzt früher, einer erst später und da muss ich gucken, wo ich sie abholen kann. Ich glaube, das zeichnet mich in der Reiterei und Ausbildung aus – Reiter wie Pferd.”
In Punkto Pferdezucht legt er viel Wert auf die Charaktereigenschaften der Pferde, die sich seiner Meinung nach noch besser vererben, als Talent und Können: „Durch die Reiterei kann ich ganz gut die Eigenschaften von Pferden erkennen. Aus guten Eigenschaften lassen sich irgendwann auch Talent und Können entwickeln. Andersherum geht das nicht so einfach.”
Seine Tochter Pheline verrät mir über ihren Vater: „Er kann unglaublich gut auf seine Schüler und auf die Pferde eingehen und da so viel herauskitzeln, wovon man selber manchmal gar nicht wusste, dass es da ist. Im gleichen Zuge hat er aber auch für junge Pferde schon sehr früh den Blick, wie sie sich entwickeln können. Manchmal haben wir dann auch die Situation, dass wir sagen: ‚Was willst du denn jetzt mit dem Pferd?’ Und dann entwickeln die Pferde sich wirklich einfach richtig, richtig gut und sind teilweise auch mit die erfolgreichsten Pferde, die wir reiten oder geritten sind.”
»Er kann unglaublich gut auf seine Schüler und auf die Pferde eingehen.«
Ein ganz großes Vorbild für seine Kinder
Hannes und Pheline Ahlmann sind durch ihre Eltern und den eigenen Pferdebetrieb von klein auf in den großen Sport hineingewachsen. Mit heute 23 und 25 Jahren konnten beide bereits große Erfolge im Springsport sammeln. Dazu zählen unter anderem Landesmeistertitel, hohe Platzierungen und Siege bei Jungpferdechampionaten, Nationenpreisteilnahmen und -siege im Children und Junioren Alter. Pheline ist aktuell mehrfach siegreich bis S 2-Sterne Springen. Ihr Bruder Hannes konnte sich bereits in internationalen 5-Stern Prüfungen hoch platzieren, verzeichnet zahlreiche Siege bis 4-Sterne Springen sowie eine Gold- und eine Silbermedaille bei deutschen Meisterschaften seiner Altersklassen.
Als ich Hannes und Pheline zu ihrem Papa befrage, wird deutlich, wie eng die Verbindung und die tägliche Zusammenarbeit der drei ist. „Ich kann mich immer zu 100% auf ihn verlassen”, betont Hannes. „Ich sag mal, wenn man hinter ihm steht und loyal ist – man kann natürlich auch mal anderer Meinung sein – aber er würde immer alles für einen machen und unterstützen und seine Bedürfnisse hinten anstellen, um den anderen hervorzuheben.” Pheline ergänzt: „Ja, wir haben da schon richtig großes Glück, dass wir so in dieser Familie groß geworden sind, um diesen Sport zu leben. Und da hat Mama, aber natürlich auch Papa als Trainer, der uns schon immer trainiert hat, ganz viel zu beigetragen. Es war natürlich auch nicht immer einfach innerhalb der Familie, das alles so zu machen. Aber wie Hannes schon gesagt hat: Dadurch, dass man sich immer hundertprozentig auf Papa verlassen kann, haben wir einfach sehr viel zusammen erreicht und sehr, sehr viel von ihm gelernt.”
Auf meine Frage, ob ihr Vater ein Vorbild für sie sei, antworten beide einstimmig, kopfnickend mit „Ja, auf jeden Fall.“ „Was könnt oder wollt ihr noch von ihm lernen?“, frage ich. Pheline wünscht sich, noch viel Betriebliches von ihrem Vater zu lernen – dieses „Visionär sein” und „einfach diesen Weitblick zu haben. Wie entwickelt sich alles in Zukunft? Wie entwickelt sich der Sport? Wie kann man den Betrieb anpassen? Aber auch diese Ideen, die er hat, wenn man vor einem Problem sitzt oder auch frühzeitig ein Problem zu erkennen und dann sagen zu können: ‚Das und das müssen wir jetzt ändern, um daraus noch besser zu werden’. Da glaube ich, kann ich noch sehr viel von ihm lernen.”
Für Hannes sind es der Mut und die Entscheidungskraft, die er an seinem Vater bewundert: „Bei Papa heißt es oft – sei es nun richtig oder falsch – ‚So machen wir es’ und so wird es dann auch gemacht, ohne noch fünfmal hin und her zu überlegen. Das finde ich, ist auch eine seiner Stärken, die ich mir gerne abgucken möchte.
Dem Pferdesport aus tiefstem Herzen dankbar
Während Dirk und ich auf der Terrasse hinter dem Haus sitzen und uns unterhalten, werden in dem Moment zwei Pferde auf die Weide am Ende des Gartens gebracht, die daraufhin ein paar ordentliche Freudensprünge loslassen. „Und das zeichnet uns auch aus”, sagt Dirk freudig mit der Hand auf die Pferde zeigend. „Ein Nerrado neben einem Cascadello, die Hengste gehen raus, laufen und springen herum. Ich frühstücke hier im Sommer jeden Morgen und kann meine Hengste dabei beobachten, wie sie durch die Gegend springen. Was will man mehr?”, fragt er und lacht.
Der Pferdesport habe Dirk unglaublich viel gegeben: „viel Leidenschaft, viel Erfolg, viele tolle Erlebnisse und viele tolle Menschen. Und ich habe das Glück gehabt, durch den Pferdesport eigentlich durch die ganze Welt gekommen zu sein. Ich habe so viele verschiedene Kulturen sehen dürfen. Ich war in Russland, China, Lettland, Estland, Schweden, Norwegen – ganz egal – Amerika und sonst wo. Durch diese Verbindung mit vielen unterschiedlichen Menschen und Kulturen, schaue ich mir viele Themen, die wir heute in dieser Welt sehen, ganz anders an und denke oft: ‚Oh Gott, oh Gott, was für eine irre Welt betreiben wir hier gerade?’ Und dass man im Gegensatz dazu dann hier jetzt sitzt und das erleben darf, was wir mit den Pferden erleben, da stellt man fest, dass wir hier schon in einer Glocke leben, in der man das Gefühl hat, hier ist die Welt noch in Ordnung. Und das beschert mir eigentlich der Reitsport – das Besondere – dieser Umgang mit den Tieren, die uns das ermöglichen, was wir hier leben dürfen”, reflektiert Dirk über seine Verbindung zum Reitsport.
„Gibt es vielleicht auch ganz konkrete Momente in Ihrem Alltag, in denen Sie denken: ‚Ach, ist das schön, womit habe ich das verdient?’ Oder: ‚Hier und jetzt bin ich unfassbar dankbar, glücklich und zufrieden’?”, frage ich ihn. „Ja, also die gibt es bei mir wirklich häufig. Stellen Sie sich vor…”, beginnt Dirk zu erzählen, „Hier geht morgens um 8:00/9:00 Uhr die Sonne auf, wir reiten da zu dritt hinten auf dem Platz – Pheline, Hannes und meine Wenigkeit. Wir trainieren unsere Pferde, haben alle die gleiche Leidenschaft, haben unglaublich besondere, tolle Pferde, alle Individuen und man fühlt, wie man auf diese Tiere eingehen kann und entwickelt sie. Und dann kann man, wenn man mal im Schritt reitet, den Blick nach links schweifen lassen. Da sind die Neugeborenen Fohlen, wo eine Philosophie drinsteckt. Dann guckt man weiter nach rechts. Da laufen Jährlingshengste, für die man eine Idee hat und man beobachtet, wie sie miteinander spielen und groß werden. Und dann dreht man den Kopf in die andere Richtung und da läuft eine Herde von Wallachen, für die es wiederum weitere Visionen gibt. In diesen Momenten kann man seinen Träumen hinterher schweifen. Eigentlich habe ich das jeden Tag, dass ich mir sage: ‚Wow! Hast du ein Glück, diesen Beruf ausüben zu dürfen.’”
»Wow, hab ich ein Glück, diesen Beruf ausüben zu dürfen.«
Equestrian Heroes – Menschen, Pferde und ihre inspirierenden Erfolgsgeschichten
… Dies ist der Titel meines Bildbandes, der das Ergebnis meiner Bachelorarbeit ist. In dem Buch präsentiere ich 11 Persönlichkeiten, Menschen wie Pferde aus Schleswig-Holstein und Hamburg, die einen besonderen Beitrag zur Pferdebranche leisten. Ich möchte die Protagonisten hervorheben und ihre bewundernswerten Leistungen mit den Lesern teilen.
Erfahre hier mehr über dieses Projekt.